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  • AutorenbildNatalia Sousa

High Speed Abstimmungsfahrten für den exklusiven Längsdynamiker

Tiefes Grummeln liegt in der Luft, das sich zu einem unnachahmlichen Donnern steigert. Nur einen kurzen Augenblick später vibriert der Boden und der Bugatti Chiron Super Sport1 zischt vorbei, verschwindet am Horizont. Mit bis zu 440 km/h wird der neue Hypersportwagen aus Frankreich auf der Schnellfahrbahn getestet. Im Cockpit sitzen erfahrene Entwicklungs-Ingenieure, um dem Chiron Super Sport den letzten Feinschliff zu geben. Einstellungsfahrten, um die einzigartige Kombination aus Höchstgeschwindigkeit, Luxus und Komfort auch bei Topspeed jenseits der 400 km/h zu erreichen.



Beim Schnellfahrtest über mehrere Tage hinweg legen die Ingenieure die Abstimmung von Mechanik, Dämpfung und Aerodynamik final fest, bevor die ersten Modelle des neuen Chiron Super Sport ab Ende August 2021 in Molsheim ausgeliefert werden. „Nach erfolgreichen Straßentests bis 380 km/h verfeinern wir nun das Fahrverhalten bis zu 440 km/h, damit der Chiron Super Sport auch bei dieser unglaublichen Topspeed sehr sicher fährt und dem Piloten ein gutes und vor allem sicheres Gefühl bei extrem hohen Geschwindigkeiten gibt“, erklärt Jachin Schwalbe, Leiter der Fahrwerkentwicklung bei Bugatti. Dafür sind viele technische Veränderungen und Optimierungen verantwortlich. Anhand von variablen Einstellgrößen bei Heckflügel-Winkel, Fahrzeughöhe, Dämpfung und elektrisch unterstützter Lenkung lassen sich verschiedene Parameter variieren und miteinander vergleichen. Runde für Runde. Und das im Topspeed-Modus. Bis zu sechs Ingenieure diskutieren anschließend über die perfekte Abstimmung. „Mit dem Mehr-Augen-Prinzip stellen wir durch die Teilnahme von Ingenieuren aus unterschiedlichen Fachgebieten sicher, bei größtmöglicher Sicherheit das bestmögliche Ergebnis und damit die größtmögliche Perfomance für künftige Besitzer bereitzustellen“, sagt Jachin Schwalbe. Eine exklusive Arbeit: Mit 440 km/h ist der Chiron Super Sport der schnellste Seriensportwagen der Welt.

Rund 100 zusätzliche Sensoren messen Temperatur und Drücke

Damit neben subjektiven Eindrücken auch objektive Daten ausgewertet werden, kümmert sich Michael Bode vom Bugatti-Team Gesamtfahrzeug-Erprobung bei den Testfahrten um die Messtechnik. Etwa 100 zusätzliche Sensoren zeichnen während der Fahrten verschiedene Daten wie Temperatur und Drücke auf. „Bei der enormen Leistung und den hohen Geschwindigkeiten verändert sich neben dem Auftrieb bei unterschiedlichen Drücken auch die Thermik. Daher kontrollieren wir bei Topspeed unter Volllast sämtliche Bauteile und optimieren sie gegebenenfalls. Den hohen Aufwand sind wir unseren Kunden für dieses außergewöhnliche und exklusive Fahrzeug schuldig“, erklärt Michael Bode. Denn im Vergleich zum Chiron2, unterscheidet sich der Chiron Super Sport unter anderem durch eine verlängerte und aerodynamisch optimierte Karosserie, die für extreme Hochgeschwindigkeitsfahrten jenseits der 420 km/h ausgelegt ist. Das verlängerte Heck lässt die Laminarströmung länger am Auto anliegen und bietet ein deutlich verkleinertes Abrissgebiet. Damit verringert sich der Luftwiderstand und die Aerodynamik verbessert sich. Bei Höchstgeschwindigkeit jenseits der 400 km/h eine diffizile Arbeit.


Die Idee zum Longtail entstand im Sommer 2019, als der Bugatti Chiron Super Sport 300+3 als erstes Serienauto die Grenze der 300 Meilen pro Stunde durchbrach und seitdem den Geschwindigkeitsrekord für Serienfahrzeuge hält: Mit exakt 304,773 mph (490,484 km/h) ist es nun er schnellste Seriensportwagen überhaupt. Die 30 Einheiten der Serienversion des Super Sport 300+ waren sofort ausverkauft.

Neben der neu konzipierten Aerodynamik ändert Bugatti auch den Antrieb. Darum, dass der Chiron Super Sport selbst bei über 400 km/h weiter stark beschleunigt, kümmert sich unter anderem Marco Schulte. Als Motor-Applikator in der Bugatti-Entwicklungsabteilung passt er die Arbeit der vier Turbolader exakt an die Belastung an. Im Chiron Super Sport leistet der 8,0-Liter-W16-Motor 1.176 kW/1.600 PS. Das sind exakt 100 PS mehr als im Chiron. Durch die gesteigerte Leistung, hervorgerufen unter anderem durch größere Turbolader mit effizienteren Verdichterrädern, schaltet das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe unter Volllast und voller Beschleunigung nun erst bei 403 km/h vom sechsten in den siebten Gang. Zudem wurde der siebte Gang um 3,6 Prozent länger übersetzt.

„Für den Fahrer ist es entscheidend, dass die Zugkraftunterbrechung beim Schalten bei 7.100 Umdrehungen nicht spürbar ist. Daher stellen wir die Ladedruckregelung in den letzten drei Gängen feiner ein“, erklärt Marco Schulte. So fällt der Ladedruck beim Schalten nur minimal zurück, um sofort wieder den vollen Ladedruck von 2,8 bar bereitzustellen. Von 0 auf 100 km/h beschleunigt der Chiron Super Sport in 2,4 Sekunden, auf 200 km/h in 5,8 Sekunden – und damit 0,3 Sekunden schneller als ein Chiron. Noch deutlicher wird der Unterschied von 0 auf 300 km/h: in 12,1 Sekunden statt 13,1 Sekunden. Von 0 auf 400 km/h beschleunigt der Chiron Super Sport in 28,6 Sekunden – und damit vier Sekunden schneller als der Chiron. Über 420 km/h fährt der Chiron Super Sport in einer neuen Liga – der Chiron regelt bei 420 km/h sanft ab.